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geschrieben am: 18.05.2003 um 19:01 Uhr
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Während ich im fasziniert hinterher sah, drängte Lena zum Aufbruch. Sie wollte so schnell wie möglich raus aus diesem Park. Doch ich wollte nicht, konnte nicht, meine innere Stimme sagte mir, ich müsse diesen Mann unbedingt kennen lernen, egal um welchen Preis. So bat ich Lena, sie solle schon mal vorgehen, ich komme gleich nach, doch sie kannte mich zu gut um zu wissen, dass ich nicht nachkommen würde. „Ich weiß, dass du ihm folgen wirst, wenn ich gehe und ich weiß, dass ich dich nicht davon abhalten kann, verspreche mir wenigstens, dass du keinen Unsinn machst“, sprach sie mit ruhiger Stimme. Ich versprach es ihr und machte mich auf den Weg dem Unbekannten zu folgen. Ich wusste nicht, warum ich es tat, aber ich wusste, dass es das Richtige war. Nach ein paar Minuten Fußmarsch sah ich ihn auf einer Bank sitzen, wie es schien, als würde er auf den See schauen, doch seine Augen reichten ins Nichts. Was sollte ich tun? Mich umdrehen und wieder gehen? Wie selbstverständlich trugen meine Füße mich zu ihm, ich setzte mich neben ihn und ohne seinen Blick auf mich zu richten sagte er „Du hättest nicht herkommen sollen, geh, bevor es zu spät ist...“ Ich verstand nicht. Jetzt, wenn ich mir alles durch den Kopf gehen lasse, denke ich mir manchmal, wäre ich gegangen, wäre alles anders gekommen?
Vielleicht ja, ich weiß es nicht und will es auch nicht wissen. Ich öffnete meinen Mund und dennoch kam kein Ton, kein Wort, kein Satz aus ihm heraus. Ich drehte meinem Blick zu ihm, wie er da saß, seine langen Haare fielen ihm über die Schulter, seine Augen leer und von Hass erfüllt.
Bei jedem anderen Menschen hätten mich solche Augen abschrecken lassen, mich weitergehen lassen, doch bei ihm waren es diese Augen, die mich anzogen. Ich weiß nicht, wie lange wir dort saßen. Irgendwann fühlte ich seine Hand auf meiner, wie er mich langsam von der Bank hochzog und meinte: „Wenn du schon nicht gehen willst, dann komm wenigstens mit, es ist kalt nachts.“ Wir gingen zu einer kleinen Hütte in der Nähe des Sees. Ich bin nicht der Mensch, der mit fremden Menschen, insbesondere Männern, mitgeht. In seiner Gegenwart war mir alles egal, was mir früher oder später noch bewusst werden sollte. Ich erfuhr an diesem Abend noch, dass er Basti hieß und hier in dieser Hütte wohnte, da seine Schwester bei einem Unfall ums Leben gekommen sei und er mit seinen Eltern nur Streit hatte. Wir unterhielten uns bis früh in den Morgen, bis es zu spät war um heim zu gehen. Er schlief auf dem Boden und bot mir an in seinem Bett zu schlafen. Ich tat in dieser Nacht kein Auge zu. Aus Angst? Ich konnte jederzeit gehen, wenn ich wollte. Warum hatte ich dann Angst? Schließlich bin ich doch eingeschlafen und als ich am nächsten Tag aufwachte, fand ich nur die leere Hütte vor, er war weg. So entschied ich mich, mich erst einmal in dem See waschen zu gehen. Ich ging also raus und an eine scheinbar flache Stelle des Sees, zog meine Schuhe aus und wollte gerade das Wasser betreten, als mich etwas unsanft auf den Boden riss. „Was soll das?“, schrie ich und sah direkt in die strahlend blauen Augen von Basti. „Betrete diesen See nie, hörst du NIE!“, hauchte er mir auf die Lippen und stand auf. Er wurde mir immer unheimlicher und doch hörte ich auf ihn und zog mich wieder an. Als ich zurück in die Hütte kam hatte er Kaffee gekocht und saß auf einem Holzstumpf an einem kleinen Holztisch, er sah auf, als ich sie betrat. Ich setzt mich neben ihn und hörte wie er ein leises „Entschuldigung“ murmelte. Ich hielt es für das Beste zu schweigen. „Du solltest jetzt gehen, deine Eltern machen sich sicherlich Sorgen um dich“, sagte er und blickte mich dabei an. Mir lief es eiskalt über den Rücken, als ich in seine Augen sah. Dennoch hatte er recht, hatte ich Lena nicht versprochen mich bei ihr zu melden? Basti begleitete mich noch aus dem Park hinaus und ich beschloss bei Lena vorbeizuschauen. Bei ihr angekommen durfte ich mir gleich eine Standpauke anhören, dass ich mich früher hätte melden sollen und dass sie sich Sorgen gemacht hätte, zugleich wollte sie wissen, was das für ein „Kerl“ war. Ich erzählte ihr von ihm verschwieg ihr aber die Sache mit dem See. Sie verzieh mir und meinte nur, dass ich mich ein bisschen von ihm fern halten solle, da er ihr nicht geheuer war. Damals dachte ich nur, Lena ist eifersüchtig, dabei hat sie sich Sorgen um mich gemacht, ohne die ich heute nicht hier wäre, wo ich jetzt bin.
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