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geschrieben am: 23.05.2002 um 13:01 Uhr
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Den zweiten Weltkrieg haben wir Deutschen wohl verloren. Und seitdem müssen wir uns pausenlos von allüberall anhören, wie unwürdig, schlecht und schuldig wir doch alle simd. Besonders von den Juden. Sobald hier irgendjemand irgendetwas an irgendeinem Juden zu kritisieren wagt, ist er umgehend als Antisemit, als Nationalsozialist, als Faschoschwein gebrandmarkt. Und um ihn herum steht pflichtgemäße Bestürzung in allen Gesichtern zu lesen, mit vor Betroffenheit triefender Stimme hört man unisono „Ja haben wir denn garnichts aus unserer Geschichte gelernt?“
Ja. Was haben wir eigentlich aus unserer Geschichte gelernt? Dass die Juden stets die Opfer sind und dass jeder Deutsche höchstpersönlich die Schuld am Holocaust trägt? Dass unser aller zweiter Satz „Bitte geißelt den **** in mir“ lauten muss? Dass Kritik in deutscher Sprache an einem Juden versuchter Völkermord ist?
Wie ein Perpetuum Mobile rezitieren Bildungsinstitutionen, Politik und Medien gebetsmühlenhaft: „Deutscher, du bist schuldig, schuldig, schuldig. Bis zum Jüngsten Tage bist du verdammt zum Ewigen Kreuzgang. Wann immer jemand sich erdreisten mag, einen Juden zu kritisieren, ist es deine oberste nationale Pflicht, aufzustehen und „Du Antisemit!“ zu rufen. Denn die Geschichte hat es dir auferlegt, jeden Juden – was er auch tut - in die Arme zu schließen und ihn zu bewahren von jedem Hauche eines Zweifels. In Ewigkeit, amen.
Das ist natürlich völlig unvernünftig. Die Judenvergaser sind inzwischen alle tot. Und wir können doch nichts dafür, dass die zufällig unsere Eltern und Großeltern waren! Wir, die wir heute leben, wir sind doch gute Menschen. Wir bemühen uns um EU-Osterweiterung und Entwicklungshilfe, wir schützen die Umwelt und unsere Raucher finanzieren den Weltfrieden. Wir sind doch garnicht so! Wir wollen doch nicht mehr, als uns selbst wieder mögen zu dürfen! Ist das denn zuviel verlangt??
Ja. Ist es. Denn tief in unserer Seele ist eine fuchtbare Erbsünde eingebrannt. Und da sitzt sie und schreit uns unsere historische Schuld von innen heraus entgegen. Und wann immer wir uns trauen, nationale Identität oder – Sakrileg! – Selbstbewusstsein zu entwickeln, bläst sie den Odem der Erinnerung in die lodernden Flammen des Fegefeuers, welche aufsteigen wie (Vorsicht, Anspielung auf den gleichnamigen Sender) Phoenix aus der kalten Asche und alles Selbstwertgefühl zu Boden brennen. Alles, was uns bleibt, ist das verzehrende Feuer und die fruchtlose Asche.
Doch halt! Gibt es einen Ausweg aus dem Gefängnis der Geschichte? Gibt es eine Chance, unser jüdisches Goldenes Kalb mit den mächtigen Steintafeln der Gerechtigkeit zu zerschlagen, wie Moses, gesandt vom donnernden Berggott?
Hoffnungsvoll wendet sich unser Blick der aufgehenden Sonne entgegen – in den Nahen Osten. Dort schwingt sich ein Panzergeneral auf zu Volkes Führer und betreibt eine kriegerische Lebensraumpolitik - dort pferchen semitische Stacheldrähte Menschenmassen in Ghettos zusammen - dort rollen jüdische Panzer, um den Lebensraum im Osten für ihr eigenes Volk zu erobern - dort zerfetzen israelitische Raketen unschuldige Körper, deren einziges Verbrechen es ist, dem falschen Volk anzugehören. Da!, donnern wir, seht doch nur, nun sinds die Juden, die Nazimethoden anwenden! Das Opfer wird zum Täter, der Misshandelte zum Folterer - andere sind es nun, die unseres Schutzes bedürften gegen den zu Schützenden der Tradition! Wenn der Jude zum Völkermörder wird – wird unsere historische Verantwortung, Völkermord im Keim zu ersticken, dann nicht mit vollstem Recht zur Anti-Israel-Haltung?
So lange sahen wir uns auf der Anklagebank. So lange steckte unser Kopf in der Galgenschlinge. So lange drohte des Scharfrichters Schwert über unserem Haupte: Ein falsches Wort, hieß es, und deine Geschichte ist dein Todesstoß! Doch nun, nun - können wir uns befreien: Nun können wir uns auf Beweisstück A gegen uns selbst, auf die eigene so schmächliche Gschichte berufen, um den einstigen Ankläger zum Angeklagten zu machen. Mit einem Griff entwinden wir unser Haupt der Schlinge – und stecken das des Juden hinein.
So lange litten wir unter der Pflicht zu absolutistischem Pro-Semitismus. Wer kann uns nun den innigen Anti-Israelismus verdenken?
Das Einhämmern der Schuld am Judentum in die deutsche Seele schmerzte uns allzu lang. Nun haben wir die Chance, uns von diesem ungerechten Brandmal zu befreien, indem (!) wir historischen Pro-Semitismus durch tagesaktuellen Anti-Israelismus ersetzen. Oder im Klartext: Die undifferenzierte Erziehung zum Leiden unter der Schuld an Israel ist die Ursache des Bedürfnisses, ebenso undifferenziert die Schuld auf Israel zurückzuwälzen.
<b> Diesen Beitrag habe ich, völlig unverändert, übernommen weil ich ohnehin mal etwas ähnliches schreiben wollte. Der Auto möge mir verzeihen und sich geehrt fühlen... </b> |
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