Auf den Beitrag: (ID: 11808) sind "8" Antworten eingegangen (Gelesen: 1148 Mal).
"Autor"

Rechtliche Grenzen?

Nutzer: DerPoet
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 12.12.2001
Anzahl Nachrichten: 330

geschrieben am: 22.02.2004    um 11:06 Uhr   
<i>Ermittlungen gegen Polizeipräsidenten

Der Mörder von Jakob von Metzler ist verurteilt. Für den Vize-Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner, der Gäfgen vernommen hatte, ist der Fall noch lange nicht erledigt.

Die Untersuchung wegen Folterdrohungen wird noch Monate andauern. Bislang sei erst gut die Hälfte der etwa zehn relevanten Zeugen vernommen worden, sagte Oberstaatsanwalt Rainer Schilling.

Ermittelt wird gegen zwei Frankfurter Polizisten: einen Vernehmungsbeamten und den Vize-Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner. Die Untersuchung wird laut Staatsanwaltschaft frühestens Ende September oder Anfang Oktober abgeschlossen sein.

Daschner soll befohlen haben, dem Entführer Jakob von Metzlers schlimme Schmerzen anzudrohen, um das Versteck der Geisel zu erfahren. Wie sich dann schnell herausstellte, war Jakob zum Zeitpunkt der Drohung längst tot...</i>

-> Was wäre gewesen wenn er noch gelebt hätte (konnte ja niemand zu diesem Zeitpunkt wissen!) und (nur) auf diesem Wege gerettet wurden wäre? Keine Folter o. ä. bei reinen Verdächtigen - das sollte klar sein. Aber in diesem Beispiel war die Schuld erwiesen, nur noch unklar ob die Geisel noch lebt.

Ich wüsste nicht, warum Daschner verurteilt werden sollte.
  Top
"Autor"  
Nutzer: DunklerStern
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 30.07.2002
Anzahl Nachrichten: 2171

geschrieben am: 22.02.2004    um 12:48 Uhr   
naja... im groben und ganzen find ich es ok.
wenn es keinen anderen weg gibt um das rauszufinden und es sicher ist, dat die person schuldig ist.
so hat man uff jeden chancen, dat man die geisel lebend findet o.ä.
aber ob dat wirklich so gut ist?
sowas kann leicht ausgenutzt werden.. denke ich. weil man sich nich immer 100%ig sicher sein kann un des trotzdem so gesehn wird, obwohl man dann eventuell nich so viel mit der sache zu tun hat, oder so.
  Top
"Autor"  
Nutzer: DurbanPoison
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 28.01.2004
Anzahl Nachrichten: 7

geschrieben am: 22.02.2004    um 15:34 Uhr   
Es gibt haufenweise Gründe, warum er verurteilt werden MUSS.

Einer davon wäre zB., dass mit einem eventuellen Freispruch der Anschein erweckt würde, das Folter nicht in JEDEM Fall verachtenswert und falsch ist. Problem dabei: Wer will beurteilen in welchen Fällen?
Es gibt genug Fälle in denen die Schuld einer Person als erwiesen galt, sich anchher aber rausstelte, dass sie unschuldig war. Das kann unter Umständen vorher niemand wissen.

Und wie soll es weiteregehen? Zuerst wird nur mit Folter gedroht, nach einiger Zeit wird sie dann in schweren Fällen wie hier auch umgesetzt (da sich die Verbrecher denken: ist eh nur ne leere Drohung) und am Ende wird sie benutzt um falsche Geständnisse zu erpressen bzw. schon bei den kleinsten Delikten?

Klar dieser Fall alleine führt nicht sofort zu dieser Situation, aber es wäre ein Schritt in diese Richtung und das muss verhindert werden.

Moralisch sind die Polizisten dabei durchaus nicht ganz im Unrecht, das spielt hierbei aber keine Rolle. SIe haben vorher gewusst, was am Ende rauskommen könnte und es in Kauf genommen, jetzt müssen sie die Konsequenzen ihres Handelns tragen.

  Top
"Autor"  
Nutzer: gnom
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 20.03.2003
Anzahl Nachrichten: 91

geschrieben am: 22.02.2004    um 16:46 Uhr   
Daschner hat selber gesagt, er hätte die Gewalt auch angewendet. Aber das ist Folter, allein schon die Drohung damit, egal, ob er schuldig ist oder nicht. Das Geständnis von Gäfgen war im übrigen vor Gericht nicht verwertbar eben wegen der Folterdrohung. Man kann das nicht mal eben machen, um zu wissen, wo jemand ist. Das Folterverbot ist NICHT auslegbar oder verhandelbar, es ist ein Fixum. Es steht in der Menschenrechtskonvention, in der Verfassung (Artikel 1 und 2) und in der StPO. Ein Polizist kann nicht, abwägen, Gewalt gezielt einzusetzen oder nicht, er darf es schlicht und ergreifend nicht, egal, wie die Sachlage ist. Und das ist der Grundsatz unseres Rechtsstaates. Sonst könnten wir jeden erpressen ein Geständnis zu unterschreiben. Ich hoffe Daschner wird verurteilt und nicht zu knapp, was er getan hat, das haben zuletzt Stasi-Mitarbeiter gemacht.
  Top
"Autor"  
Nutzer: Schneti13
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 11.07.2000
Anzahl Nachrichten: 3362

geschrieben am: 25.02.2004    um 17:14 Uhr   
<font color="#006e00">Sicherlich eine Verzweiflungstat. Dass Folter auch angewendet worden wäre, kann ich überhaupt nicht gutheißen.

Hätte man das arme Kind jedoch trotz (oder gerade wegen) den Drohungen noch lebendig aufgefunden und ihm somit das Leben gerettet, sähen wohl so manche Meinungen anders aus :D.

Naja, ich bin kein Jurist und möchte meine Meinung nicht nach irgendwelchen Paragraphen stricken. Es ist irgendwo ein Drahtseilakt. Auf der emotionalen Ebene ist es sicherlich verständlich, alles zu versuchen, um den unschuldigen Jungen noch zu retten.
Andererseits stimmt es schon, dass Folter(androhungen) hier wohl zuletzt vor 60 Jahren Gang & Gebe waren und es wohl ein Merkmal unadäquater Vorgehensweise ist. Daher denke ich nicht, dass Folter(androhungen) nicht verwendet werden dürfen, da dies kaum unter Kontrolle zu halten ist und zu viele Gefahren in sich birgt.

Jedoch finde ich eigentlich nicht, dass man eine extrem hohe Strafe (was auch immer man darunter verstehen mag) hier Verwendung finden lassen müsste. Ja, es war ein Fehler und nicht gesetzeskonform, aber letztendlich ist außer nem unverwertbaren Geständnis nichts passiert und allein der Verlust des Arbeitsplatzes, die öffentlichen Angriffe und die Beispielfunktion zeigen schon deutlich genug, dass ein solches Verhalten nicht tragbar ist.
Somit denke ich nicht, dass da noch weitaus mehr kommen sollte/müsste.


<i>cu,
Schneti


<i>cu,
Schneti
Take it, change it or leave it!
  Top
"Autor"  
Nutzer: gnom
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 20.03.2003
Anzahl Nachrichten: 91

geschrieben am: 25.02.2004    um 18:49 Uhr   
(zitat)Hätte man das arme Kind jedoch trotz (oder gerade wegen) den Drohungen noch lebendig aufgefunden und ihm somit das Leben gerettet, sähen wohl so manche Meinungen anders aus :D.(/zitat)
Meine nicht, an der Tat von Daschner und seiner Straftat ändert das nichts.

(zitat)Naja, ich bin kein Jurist und möchte meine Meinung nicht nach irgendwelchen Paragraphen stricken.(/zitat)
Naja, die Paragraphen entspringen ja einer gewissen Ethik und sind keine spinnerten Ideen gefühlskalter Juristen.
(zitat)Es ist irgendwo ein Drahtseilakt. Auf der emotionalen Ebene ist es sicherlich verständlich, alles zu versuchen, um den unschuldigen Jungen noch zu retten.(/zitat)
Da geb ich dir recht, und von daher kann ich Sympathisanten von Daschner verstehen, aber ich teile ihre Position nicht.
(zitat)Daher denke ich nicht, dass Folter(androhungen) nicht verwendet werden dürfen, da dies kaum unter Kontrolle zu halten ist und zu viele Gefahren in sich birgt.(/zitat)
Ähm, hier ist wohl ein nicht zu streichen, sonst widersprichst du dir selber *anmerk*

(zitat)Ja, es war ein Fehler und nicht gesetzeskonform, aber letztendlich ist außer nem unverwertbaren Geständnis nichts passiert und allein der Verlust des Arbeitsplatzes, die öffentlichen Angriffe und die Beispielfunktion zeigen schon deutlich genug, dass ein solches Verhalten nicht tragbar ist.(/zitat)
Öhm, ein versuchter Mord wird härter bestraft als ein Diebstahl. Beim einen ist eigentlich nichts passiert beim anderen hingegen schon. Die Frage ist also nicht, was die Folge war. Es ist vielmehr zu beachten, wie weitgehend der Verstoß ist und Folter ist für einen Polizeibeamten so ziemlich das schlimmste (außer den bereits bekannten Kapitalverbrechen wie Mord).

Geändert am 25.02.2004 um 18:49 Uhr von gnom
  Top
"Autor"  
Nutzer: Schneti13
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 11.07.2000
Anzahl Nachrichten: 3362

geschrieben am: 25.02.2004    um 21:04 Uhr   
<font color="#006e00">Für mich stellt sich die Frage, was passiert ist. Wie gesagt, ich distanziere mich von juristischen Definitionen. Dass diese nicht ohne Sinn & Verstand geformt wurden, ist mir schon klar (zumindest bei einem Großteil.. Manche Gesetze, Straftaten und deren strafrechtliche Bewertung halte ich schon für fragwürdig)...
Es war kein Mord geplant, dass Foltern auch durchgeführt worden wären heiße ich nicht gut, ganz im Gegenteil... Dennoch denke ich, dass die gesellschaftlichen Schäden die Strafe schon fast ersetzen.

Jup, in dem einen Satz muss ein "nicht" weg..

Meine Meinung wird durch das Ergebnis der Drohungen (also ob der Junge gefunden wurde oder nich) auch nicht geändert.
Jedoch habe ich die Befürchtung, dass es in den Medien vor Freude ziemlich untergegangen wäre. Denn man stelle mal die glückliche Familie gegen die, die das Zusammenführen als (juristisch) falsch ansehen, gegenüber.. Wohl schwierig, den Eltern klarzumachen, dass ihr Sohn rein rechtlich gesehen lieber hätte tot sein sollen... Wenn man es so verdreht darstellen möchte ^^.


<i>cu,
Schneti
Take it, change it or leave it!
  Top
"Autor"  
Nutzer: DerPoet
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 12.12.2001
Anzahl Nachrichten: 330

geschrieben am: 29.02.2004    um 01:34 Uhr   
Meiner Meinung nach geht es hier nicht um juristisches Recht sondern um die Frage des Rechtsempfindens - die Tat WAR erwiesen! Es geht nicht um die Legitimation irgendwelcher NS- / Stasi-Methoden sondern um dem Zweck (heiligt er die Mittel?) => RECHTSEMPFINDEN

Obwohl ich prinzipiell auch die Todesstrafe für Kapitalverbrechen befürworte (anderer Thread...) so lehne ich Folter und ähnliche Repressalien aufgrund eines reinen VERDACHTSMOMENTS kategorisch ab, ebenso als Strafe. Allerdings in keinster Form als Mittel in vergleichbaren Situationen. Rein faktisch gesehen: was wäre wenn eine Geisel nur deshalb lebendig gefunden wird (oder vielleicht ein Mord verhindert wird... o.ä.) weil ein DEFINITIV Schuldiger "schlecht behandelt" wird?

<i>Könnte ich zum Beispiel das Leben meines Kindes dadurch retten dass ich seinem (erwiesenem!) Entführer einen Finger abschneide so würde ich dies (oder mehr...) tun - egal ob es juristisch okay ist oder nicht...</i>

Zum Thema Presse: Journalisten (insbesondere der Boulevardzeitschriften...) sind Sklaven der öffentlichen Meinung - die sie auf ihre Weise selbst (mit)gestallten. Im Nachhinein ist man immer schlauer heißt es doch so schön. Aus diesem Grund ist die Information selbst wichtig, nicht ihre (indirekte?) Wertung. - "Man kann alles hinnehmen oder alles in Frage stellen; beide Wege bewahren einen davor, selbst zu denken."
  Top
"Autor"  
Nutzer: gnom
Status: Profiuser
Post schicken
Registriert seit: 20.03.2003
Anzahl Nachrichten: 91

geschrieben am: 10.03.2004    um 14:43 Uhr   
Wenn Daschner richtig gehandelt hat, dann ist es in Zukunft möglich, allen Menschen mit Gewalt zu drohen und diese dann auch anzuwenden, weil ich brauch ja nicht drohen, wenn ich es nicht auch anwenden will.
Ich möchte den sehen der nach ausreichender Gewaltvollziehung nicht alles unterschreibt und gesteht, was sie ihm hinlegen.
Also ist das Verhalten Daschner und ihre Billigung ein Beginn zur Legalisierung der Folter!

Gäfgen hatte zum Zeitpunkt der Gewaltandrohung nicht gestanden, er hat geschwiegen. Daschner war überzeugt, daß er es war, aufgrund der Indizien, die es gab. Er hat angeordnet ihm Gewalt anzudrohen, daraufhin hat er gestanden und die Polizei zur Leiche geführt.

Wenn man bei allen, wo die Indizienlast anscheinend erdrückend ist, auch wenn sie es tatsächlich doch nicht waren, Gewalt angewendet werden kann (sonst ist - wie gesagt - die Drohung sinnlos), eine Einladung zur Folter und zur Geständniserpressung oder man fälscht Indizien und erpreßt von ihm ein Geständnis, um einen Täter zu haben, und die Öffentlichkeit ruhigzustellen.

Daschner muß verurteilt werden, sonst können wir die Folter in Deutschland wieder legalisieren!!!

Geändert am 10.03.2004 um 14:44 Uhr von gnom
  Top